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Nase
Reiz- und Riechstoffe im Innenraum

Literaturstudie zu Vorkommen und gesundheitlicher Relevanz von Feinstaub in Innenräumen

Verfasser: Herbert Obenland, ARGUK-Umweltlabor, Krebsmühle 1, 61440 Oberursel
Thilo Kerber, IfAU-Institut für Angewandte Umweltforschung e.V., Oberursel
Kontakt Herbert Obenland, obenland@arguk.de

Schlagworte: Feinstaub, Partikel, Innenraum, Bronchitis, Halskratzen,Hustenreiz

 


Inhaltsverzeichnis

Überblick
Definitionen
Vorkommen
Zusammensetzung
Epidemiologie
Toxikologie
Regulation
Zusammenfassung
Literatur

 

Definitionen

Feinstaub lässt sich sowohl als Partikelanzahl pro Luftvolumen ("Anzahlkonzentration") als auch als Partikelmasse pro Luftvolumen ("Massenkonzentration") definieren und quantifizieren. Qualitativ wird Feinstaub nach Partikelgrößen und deren Abscheideverhalten im menschlichen Atemtrakt charakterisiert.

Im Einzelnen unterscheidet man

UP, PM 2,5 und PM 10 haben Aufenthaltszeiten in der Schwebe von Wochen bis Tagen, TSP sedimentiert in Stunden bis Minuten.

Partikelgroesse [Krug 2003]

Abb.1: Partikeldefinitionen und Größenbereiche umweltrelevanter Partikel [Krug 2003]

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Vorkommen

Vorkommen Außen

Die Arbeitsgruppe "Wirkungen von Feinstaub auf die menschliche Gesundheit" der Kommission "Reinhaltung der Luft im VDI und DIN" nennt in ihrem Statusbericht "Bewertung des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes zur gesundheitlichen Wirkung von Partikeln in der Luft" (Kappos et al., 2003) folgende typischen Konzentrationsbereiche von PM 10 für 2001 an deutschen Messstationen:

Tab. 1: Konzentrationsbereiche von Feinstaub (PM10) an deutschen Messstationen
Stationskategorie ländlich städtischer
Hintergrund
verkehrsnah Nähe Schwerindustrie
(mit diffusen Quellen)
Jahresmittel [µg/m³] 10 - 18 20 - 30 30 - 45 30 - 40
Anzahl der Tage mit Tagesmittel > 50 µg/m³ 0 - 5 5 - 20 15 - 100 50 - 90
Spitzenwerte, Tagesmittel [µg/m³] 50 - 70 60 - 100 70 - 150 100 - 200

 

Hinweise auf die zeitliche Entwicklung der Feinstaubbelastung in Deutschland sowie auf die Unterschiede zwischen ländlicher und städtischer Besiedlung gibt Abb. 2.

Partikel-10-Immissionen [Kappos,2003]
Abb 2: Entwicklung der PM10-Immissionen seit 1997 an verschiedenen Messstationen in Nordrhein-Westfalen - Trend der gravimetrisch bestimmten Jahresmittelwerte. Für zwei Messstationen (Meidrich und Eifel) sind für 2000 und 2001 auch die entsprechenden PM2,5-Werte in die Grafik eingetragen. Für die Vorjahre liegen keine PM2,5-Messwerte vor.
[Quelle: Kappos et al., 2003]

 

Vorkommen Innen

Für die Feinstaubbelastung in Innenräumen liegt aus den letzten 15 Jahren eine Vielzahl von Arbeiten vor, von denen wir die uns am aussagekräftigsten erscheinenden in Tab. 2 zusammengestellt haben.

Tab. 2: Konzentrationsbereiche von Feinstaub in Innenräumen

Konzentrations-Bereich
[µg/m³]

Partikelklasse Gebäudetyp Autor
15 - 300   n.d. "older building" Kemp et al., 1998
18 - 367 PM 10 Schule Shaugnhessy et al., 1995
3 - 26 PM 10 13 US-Gebäude Girman et al., 1995
12 - 211 n.d. 4 Bürogebäude Menzies et al., 1993
90 - 950 n.d. Bürogebäude Skov et al., 1990
14 - 42 TSP 3 NR-Wohnungen Kamens et al., 1991
24 - 70 PM 10 55 amerik. Wohnungen Spengler et al., 1981

                         

Die Feinstaubbelastungen in Innenräumen reichen demnach von ca. 10 µg/m³ in Nichtraucher-Wohnungen bis zu ca. 1000 µg/m³ an Büroarbeitsplätzen. Eine in 2005 vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB) in Auftrag gegebenen Studie nennt für die Feinstaubbelastungen in Wohnungen Werte zwischen 5 und 280 µg/m³. Grob geschätzt übersteigen also die Feinstaubbelastungen im Innenraum die Feinstaubbelastungen im Außenbereich um den Faktor 1,5 bis 2. Da der Mensch erheblich mehr Zeit in Innenräumen als im Freien verbringt, ist die Feinstaubbelastung in Innenräumen von weit größerer gesundheitlicher Bedeutung als die Feinbstaubbbelastung im Außenbereich. Verschärft wird diese Gewichtung noch durch Hinweise darauf, dass Innenraum-Feinstaub über ein höheres toxisches Potenzial verfügt als der außerhäusige Feinstaub (vgl.: Toxikologie).

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Zusammensetzung von Feinstaub-Partikeln

In Tab. 3 sind die wichtigsten Bestandteile des atmosphärischen Feinstaubs (PM 10) aufgeführt.

Tab. 3: Bestandteile des atmosphärischen Feinstaubs (PM10)

Inhaltsstoff

Städtische Messstelle Ländliche Messstelle
Bleioxid 0,1 0,1
Cadmiumoxid (CdO) 0,04 0,08
Nickeloxid (NiO) / /
Arsenoxid (As2O3) / /
Zinoxid (ZnO) 0,5 0,7
Eisenoxid (Fe2O3) 4,9 2,3
Magnesiumoxid (MgO) 0,1 0,6
Calciumoxid (CaO) 1,9 1,8
Kaliumoxid (K2O) 0,4 0,7
Natriumoxid (Na2O) 1,7 2,6
Ammonium (NH4+) 7,9 7,4
Sulfat (SO4--) 13 17
Nitrat (NO3-) 14 11
Chlorid (Cl-) 2,6 1,4
El.Kohlenstoff/Ruß 15 9
Schwerfl.Org.Verb 23 12
PAK 0,02 0,001
Rest (H2O,Silicate) 18 34
Quelle: Kappos et al., 2003

Im Vergleich wird deutlich, dass die städtische Verdichtung menschlicher Aktivitäten wie Gewerbe und Verkehr vorrangig zu einer Erhöhung des organischen Anteils am atmosphärischen Feinstaub führt. Bei der Betrachtung der Zusammensetzung des Innenraum-Feinstaubs im Vergleich mit der Zusammensetzung des atmosphärischen Feinstaubs ergibt sich eine weitere Verschiebung zugunsten des organischen Anteils.

Die Feinstaubbelastung in Innenräumen speist sich zu ca. 50 Prozent aus atmosphärischem Feinstaub, der beim Luftaustausch mit der Außenluft in den Innenraum transportiert wird. Weitere ca. 50 Prozent speisen sich aus Koch- und Verbrenungsaktivitäten, aus Tabakrauch und kondensierten Emissionen schwerflüchtiger Chemikalien aus Bau- und Einrichtungsmaterialien. In Büroräumen sind überdies die Emissionen von Kopierern, Druckern u.ä. bedeutende Feinstaub-Quellen.

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Epidemiologie

Epidemiologische Untersuchungen zum Einfluss der Feinstaub-Belastung der Luft auf die menschliche Gesundheit sind sehr zahlreich und von hoher Qualität. Sie beziehen sich bislang allerdings ausschließlich auf die Feinstaub-Belastung der Außenluft.

Kurzzeitige Anstiege der Feinstaubbelastung (PM2,5/PM10) um 10 µg/m³ führen demnach zu einem Anstieg der Mortalität in der Gesamtbevölkerung von 0,3 - 1,6% (WHO, 1996). Besonders gefährdet sind Menschen mit Asthma und chronischer Bronchitis sowie Kleinkinder und ältere Menschen.

In der Langzeitbelastung sind erhöhte Belastungen im Jahresmittel mit erhöhter Prävalenz der Bronchitis verbunden. Heinrich et al (2002) berichten, dass ein Anstieg der Feinstaub-Belastung um 10 µg/m³ im Jahresmittel zu einer Erhöhung der Bronchitis-Prävalenz bei Kindern um etwa 20 - 40 Prozent führt.

Übereinstimmend herrscht die Ansicht vor, dass ein Schwellenwert, unterhalb dessen eine Feinstaub-Belastung als gesundheitlich unbedenklich betrachtet werden könnte, nicht angegeben werden kann.

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Toxikologie

Untersuchungen zum toxischen Potenzial von Feinstaub wurden sowohl mit atmosphärischem Feinstaub als auch mit Feinstaub aus Innenräumen durchgeführt. Sie zeigen neben zytotoxischen und neurotoxischen Wirkungen insbesondere ausgeprägte Reizwirkungen auf die oberen und unteren Atemwege.

Mücke et al (1999) haben in 51 Münchener Haushalten und als Referenz zeitgleich im Freien Feinstaub-Sammlungen vorgenommen und die Proben mittels biologischer Testsysteme auf zytotoxische und mutagene Wirkungen untersucht. Die Zytotoxizitäz der Außenluft war in der Münchener Innenstadt am höchsten und nahm zu den Vororten hin ab. In zwei Dritteln der untersuchten Haushalte war der Innenraum-Feinstaub toxischer als der atmosphärische Feinstaub. Die Erhöhung betrug im Mittel 33 Prozent. Raucherhaushalte unterschieden sich extrem von Nichtraucherhaushalten. In Raucherhaushalten war die Toxizität des Feinstaubs gegenüber Nichtraucherhaushalten um das Dreifache erhöht. Im Mutagenitätstest war der Feinstaub in 11 von 51 Haushalten positiv, während von 51 atmosphärischen Referenzproben lediglich 5 positiv waren.

Pan et al. (2000) haben in einem Kammertest Versuchspersonen einer Feinstaub-Belastung (PM 20/Bürostaub) von 394 µg/m³ ausgesetzt, deren Partikelspektrum bei 1 - 2 mm ein Maximum aufwies. Dabei beobachteten sie die folgenden signifikanten Effekte:

Mølhave et al (2000) haben ebenfalls in einem Kammertest Versuchspersonen Feinstaub (TSP/Bürostaub) ausgesetzt und mit verschiedenen Feinstaub-Konzentrationen gearbeitet ( 7 µg/m³; 136 µg/m³; 390 µg/m³). Diese Arbeitsgruppe nennt folgende signifikanten und dosisabhängigen Effekte:

Von den Autoren dieser Studie wird für die genannten Effekte eine Schwellenkonzentration von < 140 µg/m³ vermutet.

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Regulation

Die TA Luft nennt in Vollzug einer entsprechenden EU-Richtlinie für atmosphärischen Feinstaub (PM 10) einen Grenzwert von 40 µg/m³ im Jahresmittel, wobei im Tagesmittel 50 µg/m³ nicht überschritten werden sollen. Ab 2010 sollen im Jahresmittel 20 µg/m³ nicht mehr überschritten werden.

Die amerikanische Umweltbehörde EPA nennt für PM 2,5 im Außenbereich einen Grenzwert von 25 µg/m³ im Jahresmittel.

Für die Feinstaub-Belastung in Innenräumen ist uns gegenwärtig nur eine amtliche Empfehlung aus Norwegen bekannt. Sie weist für PM 2,5 im 24h-Mittel eine Konzentration von < 20 µg/m³ aus.

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Zusammenfassung

Feinstaubbelastungen im Innenraum sind von hoher Bedeutung für Gesundheit und Wohlbefinden von RaumnutzerInnen insbesondere dort, wo diese sich für viele Stunden täglich in den selben Räumen aufhalten. In Kindergärten, Schulen und Büros sollte beim Auftreten der vorgenannten Beschwerden aus dem Atemwegs- und neurologischen Bereich, die häufig auch als "Sick-Bulding-Syndrom" (SBS) zusammengefasst werden, die Feinstaubbelastung kontrolliert und ggf. Abhilfe geschaffen werden.

Das IfAU - Institut für Angewandte Umweltforschung e.V. hilft Ihnen hierbei, ebenso wie bei allen sonstigen innenraumhygienischen Fragestellungen, gerne weiter.

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Literatur

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Kamens R, Lee, CL, Wiener R, Leith D (1991) A study to characterize indoor particles in three non-smoking homes. Atmospheric Environment 25 A, pp 939-948.

Kappos A, Bruckmann P, Eikmann T, Englert N, Heinrich U, Höppe P, Koch E, Metz, N, Rauchfuss K, Rombout P, Schabronath J, Schulz-Klemp V, Spallek MF, Wichmann HE, Kreylink WG, Krause GHM (2003) Bewertung des aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstandes zur gesundheitlichen Wir-kung von Partikeln in der Luft. Umweltmed Forsch Prax 8 (5), pp 257-278.

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